Auch demjenigen, der sich nicht für Whisky begeistern kann, empfehle ich dringend den Besuch einer Destillerie, falls es ihn mal nach Schottland verschlagen sollte. Die Gerüche und Geräusche und natürlich auch die obligatorische Verkostung hinterher sollte man sich nicht entgehen lassen.
Wir besuchten die Blair Athol Destillery in Pitlochry, die zu einem der größten britischen Schnapsproduzenten überhaupt gehört. Beispielsweise ist der Konzern mit dem Massenblend „Bell`s“ in jedem gut sortierten Supermarkt vertreten. Der Kenner wird einwenden, dass der Besuch einer kleinen Destillerie auf den Hebriden sicherlich reiz- und stimmungsvoller ist. Das mag schon sein. Für uns, die wir uns nicht als Single Malt Fanatiker bezeichnen würden, bot sich mehr oder weniger zufällig einfach die Gelegenheit eine der größten in Betrieb befindlichen Brennereien überhaupt anzuschauen, da sie auf dem Weg lag.
Bilder aus dem Inneren der heiligen Hallen fehlen übrigens in diesem Beitrag aus einem guten Grund: Der Gebrauch elektronischer Geräte, also auch Kameras, ist dort wegen der Explosionsgefahr strikt untersagt. Unser Guide Dave, der dies vor der Führung zwei französischen Teilnehmerinnen mit offenbar stark limitierten Kenntnissen der Landessprache gestenreich mitteilte, wurde, wenn ihr mich fragt, von erheblichen Zweifeln geplagt, ob nicht doch ein eingeschaltetes Cell Phone in den Handtaschen der Damen diese Führung zu seiner letzten machen würde.
Die Herstellung eines Single Malts ist, so weit es die ersten Schritte betrifft, von der Produktion eines Bieres kaum zu unterscheiden: Gerste wird mit Wasser versetzt, zum Keimen gebracht und somit zu Malz. Beim Mälzen wird die enthaltene Stärke in Zucker verwandelt. Das Malz wird auf der Darre über einem Torf-, Holz- oder Kohlefeuer getrocknet und erhält dadurch sein typisches Aroma. Danach wird das Rauchmalz geschrotet und mit heißem Wasser versetzt, dabei wird der lösliche Zucker von den festen Bestandteilen getrennt, die als Viehfutter dienen. Ergebnis ist der sogenannte „wort“, also die Maische, die in die Gärkessel („washbacks“) eingefüllt wird. Dann wird das Ganze abgekühlt, Hefe zugefügt und die Ethanolproduktion setzt unter heftigem Schäumen ein.
Die Gärung wird solange fortgesetzt, bis ein für die Hefe fast tödlicher Alkoholgehalt erreicht ist, das Ergebnis ist eine bierähnliche Flüssigkeit, der „wash“. Dieser wird in die Kupferkessel, die „pot stills“ oder „wash stills“ abgefüllt und die Destillation beginnt. Die Temperatur in den Kesseln wird allmählich gesteigert, so dass die alkoholischen Bestandteile, deren Siedepunkt niedriger als der von Wasser ist, als Dampf entweichen und als „low wines“ kondensieren. Diesem ersten „Rauhbrand“ folgt in schottischen Destillerien für gewöhnlich nur ein weiterer Destillationsschritt, während die Iren ihren Whiskey dreimal destillieren. Die „low wines“ werden in einen kleineren Kessel, den „spirit still“ abgefüllt und nochmals der gleichen Prozedur unterworfen, aber jetzt wird es spannend: Die Kunst des Brennmeisters besteht nämlich darin, zu entscheiden, wann das Verdampfen der Methanolanteile, der Vorlauf, abgeschlossen ist und der Mittellauf beginnt, nur dieser kann verwendet werden. Auch der Nachlauf wird verworfen und erneut dem Brennvorgang unterworfen, da er einen hohen Anteil langkettiger Alkohole und Fuselöle enthält. Der Prozess wird im sogenannten „spirit safe“ gesteuert. Das ist ein vom Zoll verplompter Glaskasten, in dem der Brand aus schwenkbaren Kupferhähnen in Auffangtrichter aus gleichem Material läuft. Schnuppern oder gar Probieren ist also nicht, nur die Erfahrung und das Gefühl des Brennmeisters entscheiden. Zumindest bei der Abtrennung von Vor- und Mittellauf ist das auch gesünder, die Ergebnisse könnten sonst ziemlich „eye-boggling“ sein (wie Dave sagen würde).
Das Destillat wird in Eichenfässer abgefüllt und gelagert und das für lange Zeit. Mindestens drei Jahre vergehen, bis sich der Brand Whisky nennen darf. 12 Jahre sind für gehobene Single Malts das Minimum, längere Lagerzeiten sind durchaus üblich und verhelfen dem Endprodukt zu Flaschenpreisen bis zu 500 Pfund. Im Verlauf eines Jahres verliert man etwa 2 % des Volumens durch Verdunstung, das ist der sogenannte „angel`s share“, also der Anteil für die Engel (das müssen, so gesehen, ziemliche Schnapsdrosseln sein.). Der Rohwhisky wird im Normalfall durch Zugabe von Wasser auf einen Alkoholgehalt von 40-43% runterverdünnt, seltener wird er auch in Fassstärke „cask strength“ angeboten. Sobald er in der Flasche ist, verändert er sich nicht mehr und ist bei aufrechter, dunkler Lagerung der Gefäße praktisch unbegrenzt haltbar.
So an dieser Stelle mache ich mal Schluss, sonst wird der Beitrag viel zu lang. Ich könnte jetzt noch die Unterschiede zwischen Single Malt, Pure Malt, Grain Whisky und Blend erläutern, oder über den Einfluss der Verwendung alter Sherry-, Portwein-, Madeira- und Bourbonfässer erzählen. Auch die durchaus auch in Spitzendestillerien übliche Verwendung von karamelisiertem Zucker zur Färbung des Whiskys (eigentlich kommt die Farbe durch die Lagerung im Eichenfass zustande) wäre zu diskutieren.
Vielleicht nur noch so viel: Generell lassen sich die schottischen Single Malts aus den Highlands in zwei Großgruppen einteilen, die Islay- und die Speyside-Malts. Während die Malts von Islay (zB. Laphroaig, Bowmore) sich durch heftiges Torfaroma auszeichnen und zum Teil recht medizinisch im Abgang sind, ähneln die Speyside-Produkte (zB. Glenfiddich, Glen Grant) den bekannten Lowland-Whiskys (zB. Auchentoshan), sie sind runder und milder. Eine Empfehlung will ich mir lieber sparen, über Geschmack lässt sich halt nicht streiten. Der Single Malt aus der von uns besuchten Destillerie ist übrigens auch sehr empfehlenswert: Blair Athol ist ein sanfter 12jähriger aus dem Sherryfass (man riechts schon am Korken) mit wunderbaren Fruchtnoten im Abgang.
Note to self: Kiki lustlos, ich auch. Musik: Thorns, Cryptopsy.